Montag, 2. November 2015

Hochkonflikthafte Scheidungen

Jetzt gibt das auch einen Sinn, weshalb man nie von häuslicher Gewalt im Familiengericht und beim Jugendamt spricht, sondern von "hochkonflikthaften Scheidungen".
So wird die häusliche Gewalt nämlich dort genannt.
Geschickt wird verdeckt, dass es sich dabei um Partnerschaftsgewalt handelt und eben nicht um einen Konflikt, der von beiden Seiten ausgeht weil sich beide Parteien im Scheidungsverfahren nicht einigen könnten - die Konflikte bzw. Partnerschaftsgewalt bestand ja schon viel früher - und wird lediglich auf's Scheidungsverfahren übertragen.

Billigend lassen sich Gerichte und Jugendämter vom streitlustigen und gewaltbereiten Vätern  instrumentalisieren, und spielen zuletzt die Karte: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.
Es werden bewusst wichtigste Gesetze und Reglungen nicht beachtet, auch gibt es keine Deeskalation durch Richter und Anwälte. Dadurch verkommen Gerichte zu primitivsten Schlachtfeldern und gleichen eher Tribunalen, als respektablen und für Recht einstehende Gerichte, die eigentlich Ordnung und Sicherheit wiederherstellen sollten.
Ein Gewaltopfer das sich getrennt hat, eventuell sogar traumatisiert ist, möchte  zuerst einmal seine Ruhe haben, sein Leben neu ordnen und sich erholen, aber gewiss nicht ständig auf seinen Gewaltäter treffen müssen, der familienrechtliche Streitfragen und gerichtliche Auseinandersetzungen als weitere Waffen gegen sie nutzen will, also juristische Instanzen missbraucht, um seinen Krieg gegen sie weiterführen zu können. 
Die Opfer zetteln diese nachehelichen Streitigkeiten sicher nicht an, um eben aus der Gewaltspirale austreten zu können, weshalb sie sich ja zuvor zu einer Scheidung entschieden hatte.
Hier nochmals die Zahlen von 2000 und 2010 bezüglich der "konflikthaften Fälle" im Zusammenhang zu den Sorgerechtsentscheidungen,VOR und NACH der Scheidung, zum besseren Verständnis.
Das alleinige Sorgerecht der Mütter vor der Scheidung belief sich auf 71% in 2000 und 2010.
Es tat sich hier in 10 Jahren also gar nichts, trotz des im Jahr 2000 eingeführtem Gewaltschutzgesetzes.
Nein, im Gegenteil. Im Jahr 2010, also 10 Jahre nach der Einführung des Gewaltschutzgesetzes, hatten nur noch 44% der Mütter das alleinige Sorgerecht nach weiteren Streitigkeiten die nach der Scheidung liefen. Das macht ein minus von 27% , wobei diese "strittigen Fälle" nach der Scheidung im Jahr 2000 von 18700 noch auf 29400 im Jahr 2010 gestiegen sind.

Das heißt: Das Gewaltschutz das vor allem zum Schutz der Mütter und Kinder ins Leben gerufen wurde, fand in 10 Jahren keine Anwendung in den Scheidungsverfahren, hat aber die Fälle in 10 Jahren um 10700 erhöht - und die Mütter erhalten nun seltener in diesen strittigen Fällen, das alleinige Sorgerecht als vorher!
Dafür ist aber das Jugendamt im Jahr 2010 gut dabei gewesen in den "strittigen" nachehelichen Streitigkeiten. Die bekamen zu 28% das alleinige Sorgerecht für die Kinder.
Die Väter selbst sind beim alleinigen Sorgerecht Stück für Stück gestiegen in diesen 10 Jahre. So hatten sie vor der Scheidung im Jahr 2000 noch zu 5% das alleinige Sorgerecht und 2010 zu 7%. Nach der Scheidung 2010 sogar zu 15%
Das gem. Sorgerecht selbst sank 2010 von 20% vor der Scheidung, auf 11% nach der Scheidung.
Nimmt man mal die Zahlen, die man nach der Scheidung in "strittigen Fällen" vorfindet im Jahr 2010, sinkt das gem. Sorgerecht um 9% das alleinige Sorgerecht der Väter stieg um 8%, die Mütter verlieren ihr alleiniges Sorgerecht um 27% und das Jugendamt bekommt zu 28% das alleinige Sorgerecht.
Das Gewaltschutzgesetz wirkt sich anhand dieser Zahlen nicht positiv, sondern negativ auf die Mütter aus.
Ein Schelm der dabei Böses denkt, dass 2 Jahre VOR dem Gewaltschutzgesetz 1998 die Reform eingeführt wurde. Also u.a der Kinderschutz nach §1666 BGB.
Der bei häuslicher Gewalt anhand dieser Zahlen, offensichtlich erst dann einsetzt, wenn sich die Gewaltäter mit dem Gewaltopfer nach der Scheidung eine Schlacht liefern und das Familiengericht, dann anstatt den Gewaltäter zu entsorgen, von "hochkonflikthafter Scheidung" redet, die einseitig in diesen Fällen läuft, den Agressor verschweigt, um dem Gewaltopfer das Kind zu nehmen und es dem Jugendamt zu übergeben.
Der Kinderschutz wird also gegen das Gewaltopfer dann genau so durchgezogen wie gegen den Gewaltäter, weil das Gewaltschutz gar nicht angewendet wird!
So tun sie es übrigens auch während der gewaltätigen Beziehung, wenn Mutter und Vater noch nicht getrennt sind. Kind raus, nicht Gewaltäter weg! Nach der Trennung lässt man diese Gewaltäter offensichtlich solange auf das Opfer los, bis man dann auch an das Kind rankommt.
Wie ich darauf komme?
Hier, mal das Wichtigste von 34 Seiten aus dem Jahr 2001, der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt“
Unterarbeitsgruppe „Kinder und häusliche Gewalt“ die super aufzeigt wie die Familiengerichte und Jugendämter mit Gewalt umgehen und wie sie versagen.
SORGE- UND UMGANGSRECHT BEI HÄUSLICHER GEWALT –
AKTUELLE RECHTLICHE ENTWICKLUNGEN, WISSENSCHAFTLICHE
ERKENNTNISSE UND EMPFEHLUNGEN
Im Gerichtsalltag kollidieren derzeit zwei Regelungsbereiche und Zielsetzungen von Gesellschaft und Gesetzgebung. Auf der einen Seite steht mit den neuen kindschaftsrechtlichen Regelungen das Leitbild der gemeinsamen, kooperativen Elternschaft und der gemeinsamen Verantwortung von Mutter und Vater für das Kind auch nach einer Trennung, sowie die damit korrespondierende Perspektive des Kindes mit einem eigenständigen Recht auf Umgang, mit beiden Elternteilen.
Auf der anderen Seite besteht ein Regelungsbedürfnis in Fällen häuslicher Gewalt, bei deren Opfern es sich vor allem um Frauen und Kinder handelt. Im Bereich häuslicher Gewalt ist die Beziehung zwischen dem Gewalttäter und seiner Partnerin dysfunktional und von einem Macht-Ohnmachtsverhältnis geprägt. Hier hat sich ein gewalttätiger Elternteil meist über einen längeren Zeitraum ständig über die Rechte und Grenzen von Partnerin und Kind hinweggesetzt und ihnen körperliche und seelische Verletzungen zugefügt.
Insoweit fehlen gerade hier die Voraussetzungen, die das neue Kindschaftsrecht von beiden Elternteilen einfordert, nämlich eine verantwortungs- und respektvolle Partnerschaft und die damit verbundene Fähigkeit, Konflikte auf der Paarebene von der Elternebene zu trennen.
Die Anforderungen des Kindschaftsrechts entsprechen nicht den Regeln, die in einer gewaltgeprägten Lebens- und Familiensituation herrschen und in der Trennungsphase weiterwirken.
Alle, die in familiengerichtlichen Verfahren zu häuslicher Gewalt beteiligt sind, stehen vor der schwierigen Aufgabe, die Vorgaben des Kindschaftsrechts umzusetzen mit der Maßgabe, hierbei auch in Fällen häuslicher Gewalt die besondere Problematik zu berücksichtigen und den Schutz der gefährdeten Familienmitglieder in die Entscheidung zu integrieren.
Der beispielhaft aufgeführte Fall zeigt drastisch, dass die Dynamik häuslicher Gewalt für die kindschaftsrechtliche Entscheidung immer ausreichend mitbedacht werden muss.
Denn hier besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Gewaltausübung mit der Trennung nicht beendet ist/wird, sondern im Gegenteil, eine Gefährdung der betroffenen Frau weiterhin bestehen bleibt, mit der zugleich die Gefahr gegeben ist, dass die Gewaltdynamik im Paarverhältnis auf das Verhältnis zu dem Kind negative Auswirkungen hat.
Daher müssen diese für häusliche Gewaltfälle typischen Gefährdungsaspekte im kindschaftsrechtlichen Verfahren berücksichtigung finden; Schutz und Sicherheit von Frau und Kindern müssen wesentliche Aspekte der Entscheidung sein.
Das Leitbild der kindschaftsrechtlichen Reformierung vor allem im Sorge- und Umgangsrecht beinhaltet grundsätzlich kommunikationsfähige, -willige und verantwortungsbewusste Eltern mit einer partnerschaftlichen Beziehungsausgestaltung, zu der sie zum Wohle des Kindes auch noch nach Trennung und Scheidung fähig sind.
In gewalttätigen Beziehungen liegen gerade diese Voraussetzungen nicht vor; dort setzt der Gewalttäter mit aller Macht seine Interessen auf Kosten von Wohl und Wehe von Partnerin und Kind durch und muss zum Schutz der Opfer, jedenfalls für den akuten Gefährdungszeitraum, von diesen ferngehalten werden.
Wissenschaftliche Erkenntnisse:
Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, lässt sich das oben beschriebene Leitbild des Kindschaftsrechts, also der Gedanke, dass sich beide Eltern auch nach einer Trennung und Scheidung gemeinschaftlich und verantwortungsvoll um die gemeinsamen Kinder sorgen, bei häuslicher Gewalt nicht realisieren. Zu ungleichgewichtig sind die Machtverhältnisse in diesen Beziehungen, zu zerstörerisch hat die Gewalt auf die Frauen und Kinder gewirkt, als dass ein partnerschaftlicher Umgang der Eltern im Interesse der Kinder nach der Trennung regelmäßig möglich wäre.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sogenannte konfliktreiche Scheidungen und Scheidungen auf Grund von häuslicher Gewalt deutlich voneinander zu unterscheiden.
Selbstverständlich ist für die meisten Lebensgemeinschaften die Phase der Trennung besonders schwierig, und in vielen Fällen ist diese Zeit von heftigen Konflikten und Streit geprägt. Eine Trennung auf Grund von Misshandlung der Frau durch ihren Lebenspartner hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass Gewalt in der Beziehung schon lange Zeit vor der Trennung begann.
Jede dritte bzw. vierte deutsche Frau wird nach wissenschaftlichen Schätzungen in ihrem Leben einmal Opfer häuslicher Gewalt.
Dabei kommt es vielfach zu erheblichen Misshandlungen. Brutale Schläge, Drohungen mit Waffen bis hin zu Tötungsdelikten geschehen in deutschen Familien hinter verschlossenen Türen.
Vielen Frauen, die misshandelt wurden, fällt die Trennung dennoch schwer. Frauen bleiben aus den verschiedensten Gründen bei dem gewalttätigen Mann, beispielsweise weil sie hoffen, dass sich doch noch etwas ändern wird, wegen ökonomischer Zwänge, aber auch, um den Kindern den Vater nicht zu nehmen. Haben sich die Frauen zu einer Trennung entschieden, dann besteht für sie ein besonders hohes Risiko, erheblich verletzt oder gar getötet zu werden.
Empirische Untersuchungen zeigen, dass das Risiko einer Frau, getötet zu werden, am größten ist, wenn sie sich aus einer
Misshandlungsbeziehung gelöst hat, und ein Teil dieser Tötungsdelikte
findet gerade bei der Übergabe der Kinder an den Vater statt.
Die alltäglichen Presseberichte über die „Familientragödien“ nach einer Trennung, sprechen hier eine deutliche Sprache.
Und die Kinder? Sie erleben die Gewalt in den Familien mit – sie werden Zeuginnen und Zeugen, wie ihre Mütter zusammengeschlagen, bedroht und gedemütigt werden. Sie sind unmittelbar von dieser Gewalt betroffen – und dies in zweifacher Hinsicht: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass häusliche Gewalt und Kindesmisshandlung vielfach in denselben Familien gleichermaßen auftritt, und - dass Kinder, die die Misshandlung ihrer Mütter beobachten, eine Vielzahl von Verhaltensstörungen und emotionalen, kognitiven und Langzeit-Problemen entwickeln.
Andere Arten, wie Kinder die Gewalt gegen ihre Mütter erleben können, sind: Schläge oder Bedrohungen gegen das Kind, wenn es die Mutter auf dem Arm hält, Kinder als Geiseln nehmen, um die Mutter zur Rückkehr nach Hause zu erzwingen, das Kind als Waffe zu benutzen, das Kind dazu zu zwingen, die Gewalttaten gegen die Mutter anzusehen oder daran teilzunehmen und/oder das Kind als „Spion“ zu benutzen oder es auszufragen darüber, was die Mutter gemacht hat.
Für Mütter, die misshandelt werden, sind die Kinder meist ausschlaggebend für ihre Entscheidungen. Sie sind vor die fast unlösbare Aufgabe gestellt, für ihre eigene Sicherheit und für die der Kinder zu sorgen, ihre Interessen gegen die der Kinder abzuwägen und gleichzeitig den gesellschaftlichen Anforderungen an Mütterlichkeit gerecht zu werden.
Dabei zeigt sich, dass manche Mütter gerade wegen der Kinder bleiben, dass andere Mütter gerade wegen der Kinder gehen. In einer Studie, in der zwanzig misshandelte Frauen zu ihrer Biographie befragt wurden, verließ die Mehrheit den Misshandler wegen der Kinder.
Eine der interviewten Frauen sagte beispielsweise: „Er schlug mich in den Bauch, als ich schwanger war, dann drohte er, meine Tochter zu verprügeln, und niemand schlägt jemals meine Kinder. Ich habe es vorher so oft versucht (ihn zu verlassen), aber als es meine Kinder betraf – nie mehr.“
Dennoch blieb ein Drittel der Frauen in dieser Studie gerade wegen der Kinder bei den Misshandlern. Sie blieben trotz der Gewalt, um den Kindern die notwendige finanzielle Absicherung zu garantieren oder wegen der Drohung durch den Misshandler, die Kinder zu verletzen und lange Kämpfe um das Sorgerecht zu führen, wenn sie ihn verlasse.
Mütter fühlen, dass sie – wie auch immer sie sich entscheiden – versagen. Trennen sie sich, sind sie dem Vorwurf ausgesetzt, eine „Rabenmutter“ zu sein, weil sie den Kindern den Vater entziehen. Trennen sie sich nicht, sind sie ebenfalls „Rabenmütter“, weil sie ihre Kinder der Gewalttätigkeit aussetzen.
Welche Entscheidung sie treffen – immer sind sie mit Selbstvorwürfen, aber auch Vorwürfen von Außenstehenden und durch die Institutionen konfrontiert. Insbesondere die Einrichtungen, die sich um die Kinder kümmern – also Jugendämter und (freie) Kinderschutzeinrichtungen – haben das Kindeswohl im Blick. Betrachtet man primär die Sicherheit der Kinder, könnten neben den gewalttätigen Vätern die misshandelten Mütter gleichermaßen als „problematische Elternteile“ erscheinen.
Man könnte fragen: Wenn eine Frau nicht in der Lage ist, sich selbst zu schützen, wie kann sie dann in der Lage sein, sich um ihr Kind zu kümmern? Und auch wenn die Verantwortung des Vaters für die Gewalttätigkeit deutlich erkannt wird: Fällt es nicht in den Verantwortungsbereich der Mutter, ihre Kinder vor weiteren Schmerzen und Schädigungen zu schützen?
Doch diese Annahmen greifen zu kurz. Gerade solche Vorurteile hindern viele der misshandelten Frauen daran, sich an Kinderschutzeinrichtungen und Jugendämter zu wenden und um Hilfe zu bitten. Und sie wiederholen das, was viele der Misshandler ihren Frauen gegenüber als Drohung aussprechen: „Wenn du mich verlässt, werde ich sagen, was für eine schlechte Mutter du bist, und dann nehmen sie dir die Kinder weg“.
- Nur dann, wenn Mütter und ihre Kinder gemeinsam Unterstützung erfahren, besteht die größte Chance dafür, dass die Frauen erstens in der Lage sind, Misshandlungsbeziehungen zu beenden und zweitens ein gewaltfreies neues Leben mit den Kindern zu beginnen!
Mütter und Kinder gemeinsam in den Blick zu nehmen, bedeutet nicht Nivellierung der Unterschiede. Im Interesse der Mütter und Kinder können bei häuslicher Gewalt durchaus unterschiedliche Maßnahmen erforderlich sein; doch nur wenn die bestehende Trennung zwischen Kinderschutz und „Frauenschutz“ aufgegeben wird, öffnet sich der Blick auf Maßnahmen, die den Bedürfnissen und der Sicherheit beider gleichermaßen gerecht wird.
Doch oftmals stößt ein solches Vorgehen an rechtliche – oder vermeintlich rechtliche – Grenzen.
Problempunkte für einen wirksamen Kinderschutz vor häuslicher Gewalt
Die Regelung des § 1666 BGB mit ihren unterschiedlichen Fallkonstellationen ist zwar nicht nur auf die Fälle der Kindeswohlgefährdung gerichtet, in denen beiden Elternteilen als
Sorgerechtsinhabern die Bereitschaft bzw. die Fähigkeit fehlt, eine Gefährdung des Kindes abzuwenden, daher ersatzweise das staatliche Wächteramt aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG greift und das Gericht eine Schutzanordnung treffen muss. In Rechtsprechung und Literatur ist unbestritten, dass § 1666 BGB nicht nur gerichtliche Maßnahmen gegen die Eltern gemeinsam, sondern auch gegen ein Elternteil allein zulässt.
So kann etwa die elterliche Sorge nach § 1666 BGB nur einem Elternteil entzogen werden mit der Folge, dass der andere Elternteil die Sorge dann allein ausübt.
Problematisch ist jedoch, dass die Gerichte in den Fällen, in denen nur ein Elternteil Gewalt gegen das Kind ausübt, zumeist die Herausnahme des Kindes und nicht des gewalttätigen Elternteils anordnen.
Dies bedeutet eine Rechtsfolge, die von dem Kind als Bestrafung seines Verhaltens bewertet werden und eine weitere Traumatisierung zur Folge haben kann. Für die Fälle von häuslicher Gewalt, in denen die Gefahr von einem Elternteil ausgeht, ist eine solche Rechtsfolge zur Lösung und Intervention in der akuten Gewaltsituation jedoch nicht geeignet.
Denn hier müssen klare Signale gesetzt und zum Schutz der Opfer durchgesetzt werden: Der Gewalttäter muss gehen und nicht das Opfer; die zum Schutz der Betroffenen notwendige Trennung muss zu Lasten des Gefährders erfolgen; eine Konsequenz, die nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder klarer nachzuvollziehen ist und eine deutliche und unmissverständliche Botschaft enthält.
Damit kann ein Kind als Träger eigener Rechte und Pflichten die Achtung seiner Persönlichkeit auch von den Eltern und auch gegenüber einem gewalttätigen Vater verlangen.
Für die Eltern bedeutet die Vorschrift, dass bei der Ausübung der Personensorge jegliche Art körperlicher und seelischer Misshandlung unzulässig ist.
Ziel des Gesetzes ist vor allem die gesellschaftliche Ächtung von Gewalt, auch in der Kindererziehung; beabsichtigt ist nicht die Kriminalisierung der Familie.
Daher soll den Eltern oder dem gewalttätigen Elternteil bei einem Verstoß gegen das Verbot vor allem Hilfe bei der Bewältigung von Konfliktsituationen durch Leistungen der Jugendhilfe (§ 16 KJHG) angeboten werden.
Dennoch wird es auch zu Sanktionen kommen und kommen müssen: Bei einem Verstoß gegen das Gewaltverbot können unter den Voraussetzungen der §§ 1666, 1666 a BGB familiengerichtliche Maßnahmen für das Kind und gegen die Eltern erfolgen; liegt eine körperliche Misshandlung vor, kann es auch zu einer Strafverfolgung des Gewalttäters wegen eines Körperverletzungsdelikts nach den §§ 223 ff. StGB kommen.
In diesem Verweis auf die bestehenden Regelungen liegen hier auch die Schwachstellen für den Schutz von Kinder vor häuslicher Gewalt. Denn wie unter 3. a) dargestellt, löst § 1666 BGB bzw. seine derzeitige Anwendung und Auslegung nicht die Problemstellung bei häuslicher Schutzmaßnahmen zu Lasten des Gefährders angezeigt, die bislang auf der Grundlage der §§ 1666, 1666 a BGB von der Rechtsprechung nicht angeordnet wurden.
Ein mögliches Strafverfahren ist als präventive Maßnahme oder als schnelle Schutzmaßnahme in einer gegenwärtigen Gewaltsituation nicht geeignet.
Im Rahmen einer Diplomarbeit zu den Tendenzen der Rechtsprechung nach der Kindschaftsrechtreform wurde festgestellt, dass mittlerweile zu fast gleichen Teilen für die Alleinsorge, wie für die gemeinsame Sorge entschieden wird.
Dies bedeutet eine Verbesserung der rechtlichen Position der Männer: Denn Fälle, in denen für die gemeinsame Sorge entschieden wurde, können in der Regel als ein Erfolg für die Väter bewertet werden, da diese Form von Frauen so gut wie nie eingefordert wird. Frauen gelangen also durch die neue Regelung und die Rechtsprechung in weniger Fällen zur Alleinsorge ihrer Kinder als bisher.
Ein wichtiger Aspekt der Kindeswohlprüfung kann die Prüfung der Erziehungsgeeignetheit sein.
Hierbei richtet sich der Blick nicht direkt auf die Kinder, sondern vielmehr auf die Fähigkeiten der Eltern zur Erziehung.
In Kommentarliteratur und Rechtsprechung finden sich jedoch nur wenige Hinweise und Entscheidungen, wie in Fällen häuslicher Gewalt die Erziehungseignung des gewalttätigen Vaters gewertet wird.
In einer älteren Entscheidung des OLG Hamm vor der Kindschaftsrechtsreform wurde der Kindesvater, der nach Erkenntnissen des Gerichts eine gespaltene Persönlichkeit sowie Gewaltbereitschaft aufwies, Drogen konsumierte, Hilfe von außen ablehnte und die Kinder instrumentalisierte, um seine von ihm getrennt lebende Partnerin wieder zurückzugewinnen, als erziehungsungeeignet bewertet. Allerdings wurde in diesem Fall das Sorgerecht nicht auf die Kindesmutter übertragen, denn da diese „in der von Konflikten und Gewalt geprägten Partnerschaft eine Unterordnung bis zur Erniedrigung und Selbstaufgabe praktiziert“ und „von ihren Kindern als lebensuntüchtige Versagerin erlebt“ wurde, sei die Mutter jedenfalls so lange ebenfalls zur Erziehung ungeeignet, bis sich die Einstellung der Kinder normalisiert habe. Das Sorgerecht wurde hier auf einen Vormund übertragen.
In einem neueren Fall klärte das Gericht die Verantwortung für die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Elternteilen in Anwesenheit der Kinder nicht weiter auf, sondern stellte nur fest,
dass die massiven, auch körperlichen Auseinandersetzungen der Eltern in der Vergangenheit, teilweise auch in Anwesenheit der Kinder, deutlich gegen die Erwartung einer künftigen Kooperation in Kindesangelegenheiten sprächen. Im Ergebnis entschied es auf Übertragung der Alleinsorge auf den Kindesvater wegen dessen
größerer erzieherischer Kompetenz. Auch bei anderem Fehlverhalten von Kindesvätern scheint die Rechtsprechung eher großzügig zu sein.
So entschied beispielsweise das AG Ratzeburg auf Beibehaltung der gemeinsamen Sorge und hatte an der erzieherischen Eignung des Vaters keine Zweifel, obwohl bei dem Kindesvater ein gravierendes Alkoholproblem bestand und er für das bei der Mutter lebende Kind keinen Unterhalt zahlte.
Für Frauen und Kinder, die unter der Gewalt des Partners leiden, bedeutet das nach heutiger Rechtslage zunächst auch bei einer Trennung weiterbestehende gemeinsame Sorgerecht regelmäßig, dass sie trotz einer Trennung weiterhin gefährdet und erneuter Gewalt ausgesetzt sind.
Für misshandelte Frauen, die gleichzeitig Mütter sind, sind häufig die Kinder ausschlaggebend für ihre Entscheidungen. Die Frauen sind bei einer Trennung für die schwierige Aufgabe gestellt, für ihre eigene Sicherheit und die der Kinder zu sorgen und ihre Interessen mit denen der Kinder abzuwägen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass – wie dargestellt – gerade die Zeit der Trennung für eine misshandelte Frau und für die Kinder die gefährlichste Phase bedeutet. In dieser Zeit besteht das höchste Risiko, schwer misshandelt oder getötet zu werden. Insbesondere für Frauen, die mit ihren Kindern in ein Frauenhaus geflohen sind, ist die Praktizierung eines gemeinsamen Sorgerechts nahezu unmöglich.
Trennt sich die Frau wegen Misshandlungen von ihrem Partner oder strebt sie gerichtliche Maßnahmen zu ihrem Schutz an, besteht zudem häufig die Gefahr, dass die Kinder von dem Mann als Druckmittel benutzt bzw.
instrumentalisiert werden, um die Partnerin zur Rückkehr in die Beziehung zu bewegen oder sich an ihr zu rächen.
In Situationen häuslicher Gewalt beinhaltet die staatliche Aufgabe des Gewaltschutzes, dass die Gewaltspirale unterbrochen wird, die Opfer Schutz erhalten und der Täter zur Verantwortung gezogen wird.
Die Unterbindung des Kontaktes zwischen Täter und Opfer ist – jedenfalls für eine gewisse Zeit – erforderlich. In dieser Situation ist es für die Frauen und Kinder wichtig, eine Entscheidung über die  alleinige Sorge - oder zumindest über das Aufenthaltsbestimmungsrecht (verbunden mit bestimmten Entscheidungen bezüglich des Umgangsrechts) für die Mutter zu erreichen, um in der akuten Trennungsphase mit dem höchsten Gefährdungspotential nicht in ständigen Kontakt zu dem gewalttätigen Partner treten zu müssen.
Von Seiten verschiedener Verbände und Einrichtungen zum Schutz von Frauen und Kindern wird in der alltäglichen Arbeit und der Begleitung von entsprechenden Gerichtsverfahren beobachtet, dass das Vorliegen
von häuslicher Gewalt in der Regel nicht als signifikantes Kriterium für die Sorgerechtsentscheidung gewertet wird.
Angeführt wird, dass die Frage des Kindeswohls meist unabhängig von der Gewalt des Vaters gegen die Kindesmutter betrachtet wird; auch die beobachtete Gewalt werde nicht als Beeinträchtigung oder Gefährdung der Kinder gewertet. Zu beobachten sei, dass bei vielen Gerichten bisher weder Wissen über noch Sensibilisierung für den Zusammenhang zwischen der Gewalt gegen die Kindesmutter und der Gewalt gegen die Kinder bestünde.
Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse seien häufig nicht bekannt. In dem überwiegenden Wunsch, in jedem Fall eine Bindung zu dem Vater herzustellen bzw. bestehen zu lassen, werde häufig strikt zwischen dem gewalttätigen Partner und dem guten Vater getrennt, meist ohne zu untersuchen, welche Gefährdungen für Frau und Kinder bestehen, welche Auswirkungen die Beziehungsgewalt auf die Kinder hatte und hat und ohne auf die Erziehungseignung des Kindesvaters einzugehen.
Auf Verstöße gegen „mütterliches“ Verhalten werde seitens der Gerichte wesentlich schärfer reagiert; bei gewalttätigen Männern werde die in
dem Gewaltakt zum Ausdruck kommende mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit, Beziehungskonflikte unter Achtung der Persönlichkeitsrechte der anderen Seite zu lösen, als unbeachtlich für das Erziehungsverhalten eingestuft.
Umgangsrecht- Hier legt die Rechtsprechung zum einen unterschiedliche, zum anderen überwiegend sehr strenge Maßstäbe an; als Grund für einen Ausschluss oder eine Beschränkung des Umgangs werden von den Gerichten die Gefahr von Körperverletzungen des Kindes, von sexuellem Missbrauch und Kindesentführung angesehen.
Die Verletzung und Gefährdung der Mutter allein findet häufig keine Berücksichtigung, obwohl – wie gesehen – das Wohl des Kindes durch das Miterleben von Gewalt beeinträchtigt ist.
Selbst wenn die Kindesmutter das alleinige Sorgerecht hat, ist die Gefährdungssituation für Frau und Kinder häufig nicht beendet. Auch ein
nichtsorgeberechtigter Vater behält ein Umgangsrecht mit seinen Kindern. Eine zumindest vorläufige Unterbrechung des Kontaktes ist auch in dieser Konstellation eine wichtige Voraussetzung für die notwendige Konsolidierung und Stabilisierung von Mutter und Kind.
Ähnlich wie bei den Sorgerechtsfällen ist es bei Entscheidungen über das Umgangsrecht lebensfremd anzunehmen, dass die Gewalttätigkeit des Mannes mit der Trennung beendet ist und dass das Wohl des Kindes getrennt von der Situation der Mutter, bei der es sich überwiegend befindet, zu beurteilen und zu regeln sei.
Beide Sachverhalte müssen hier gemeinsam gesehen werden. Die Erfahrungen der Praxis, insbesondere der Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen, haben gezeigt, dass der Schutz zugunsten von
misshandelten Frauen (z.B. durch zivilgerichtliche Schutzanordnungen) oft ins Leere läuft, wenn sich der gewalttätige Partner in Ausübung des Umgangsrechts Zugang zu Wohnung und Umgebung der Frau verschafft.
Die einschlägige Regelung des § 1684 Abs. 4 S. 1, 2 BGB macht die Einschränkung bzw. den Ausschluss des Umgangsrechts vom Wohl des Kindes und für eine Entscheidung über einen längeren Zeitraum von einer Kindeswohlgefährdung abhängig. KritikerInnen wie die
Sozialwissenschaftlerin Dr. Anita Heiliger vom Deutschen Jugendinstitut bemerken hier seitens der Rechtsprechung ähnlich wie bei den Sorgerechtsentscheidungen eine Tendenz, das Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind, ohne Rücksicht auf bestehende Konflikte und ohne
Rücksicht auf den Willen und den Schutz des Kindes und der Kindesmutter durchzusetzen.

Quelle: Claudia Haase (Facebook)




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen