Sonntag, 26. Februar 2017

Sorgerechtsentzug: Defizite der Eltern nicht maßgeblich!

Ein Verfassungsgerichtsurteil weist jetzt mit Nachdruck darauf hin: Dieser besonders heftige Eingriff in das Elterngrundrecht ist nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Elterliche Defizite machen alleine noch lange keinen Grund aus.


Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung


Um die Kernaussage des BVerfG vorweg zu nehmen: Für einen Sorgerechtsentzug reicht es nicht aus, lediglich die Defizite der Eltern zu benennen – so gravierend diese auch sein mögen. Vielmehr muss gründlich dargelegt werden, dass das elterliche Fehlverhalten zu einer nachhaltigen Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Kindeswohls geführt hat bzw. mit ziemlicher Sicherheit führen wird.
Ein Gericht muss detailliert aufzeigen, welcher Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit die befürchteten Beeinträchtigungen des Kindes sind und weshalb diese Gefahren so gravierend sind, dass sie eine Fremdunterbringung legitimieren.
Lesen Sie im folgenden die Einzelheiten zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.11.2014 (1 BvR 1178/14).

Der Fall: Vater wehrt sich gegen Entzug des Sorgerechts

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass die elterliche Sorge für sein im Februar 2013 geborenes Kind ihm – wie auch der Mutter – entzogen und auf das Jugendamt übertragen wurde.
Er stammt aus Afrika und lebt, inzwischen geduldet, in Deutschland. Die Mutter leidet an gravierenden psychischen Erkrankungen und wurde in den Monaten vor der Entbindung in einem Mutter-Kind-Heim betreut.
Der Beschwerdeführer und die Mutter trennten sich noch während der Schwangerschaft. Im Oktober 2012 gaben sie vorgeburtlich eine Vaterschaftsanerkennung und eine gemeinsame Sorgeerklärung ab.

Entscheidungen im vorläufigen Rechtsschutz bezüglich des Sorgerechts

Unter Verweis auf die psychische Situation der Mutter und die intransparente Wohn- und Lebenssituation des Beschwerdeführers entzog das AG auf Anregung des Jugendamts beiden Eltern kurz vor der Geburt im Wege einer einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge und das Recht zur Beantragung öffentlicher Hilfen und bestellte das Jugendamt zum Ergänzungspfleger.

Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren

Sofort nach seiner Geburt wurde das Kind in einer Pflegefamilie untergebracht, in der es seitdem lebt. Im Mai 2013 traf das AG eine Umgangsregelung, wonach begleitete Kontakte stattfanden. Im April 2014 wurde die Bereitschaftspflege des Kindes in eine Dauerpflege in derselben Familie umgewandelt.
Im verfahrensgegenständlichen Hauptsacheverfahren beantragte der Beschwerdeführer, ihm das alleinige Sorgerecht zu übertragen. Das AG gab ein Sachverständigengutachten dazu in Auftrag, ob die Eltern in der Lage seien, das körperliche, geistige und seelische Kindeswohl sicherzustellen, und somit erziehungsfähig seien.
Die Sachverständige hielt die Mutter für krankheitsbedingt erziehungsunfähig und den Beschwerdeführer für nur teilweise erziehungsfähig. Sie empfahl, das Kind weiterhin in einer Pflegefamilie unterzubringen

Entscheidungen im Hauptsacheverfahren

Nach mündlicher Verhandlung entzog das AG beiden Eltern die gesamte elterliche Sorge und bestellte das Jugendamt zum Vormund, weil das Kindeswohl gefährdet sei. Dem seiner Ansicht nach schlüssigen, nachvollziehbaren und uneingeschränkt verwertbaren Gutachten schloss sich das AG vollumfänglich an.
Dem Beschwerdeführer fehle es an Kernkompetenzen in der Kindererziehung. Bei ihm liege eine erhebliche Bindungsintoleranz gegenüber der Mutter vor. Seine ungewisse wirtschaftliche und räumliche Situation würden eine Kindeswohlgefährdung darstellen. Seine Einstellung zum deutschen Rechts- und Wertesystem sei problematisch. Er ziehe afrikanische Erziehungsmethoden vor und distanziere sich nicht von der selbst erlebten, teilweise gewalttätigen Erziehung.

Als verletzt gerügte Grundrechte

Dagegen legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein, die das OLG zurückwies. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 sowie Art. 103 Abs. 1 GG.

Elternrecht verletzt

Das BVerfG gibt der Verfassungsbeschwerde statt, weil dies zur Durchsetzung des als verletzt gerügten Elternrechts des Beschwerdeführers angezeigt ist, § 93a Abs. 2 Buchst. b) BVerfGG. Diese Entscheidung kann es treffen, weil es die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden hat und die Verfassungsbeschwerde danach offensichtlich begründet ist, § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.

Schutzbereich des Elterngrundrechts

Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Der Schutz erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts, ohne die die Elternverantwortung nicht ausgeübt werden kann.
Eine Trennung des Kindes von seinen Eltern gegen deren Willen stellt den stärksten Eingriff in das Elterngrundrecht dar, der nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt ist, Art. 6 Abs. 3 GG. Das ist nur dann der Fall, wenn die Eltern versagen oder das Kind aus anderen Gründen zu verwahrlosen droht. Nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern berechtigen den Staat einzugreifen.

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs in das Elterngrundrecht

Nicht zur Ausübung des Wächteramts gehört es, gegen den Willen der Eltern für eine bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes zu sorgen. Um eine Trennung des Kindes von den Eltern zu rechtfertigen, muss das elterliche Fehlverhalten vielmehr ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre (BVerfG, Beschl. v. 17.02.1982 – 1 BvR 188/80, DRsp-Nr. 1994/2637).
Die Annahme einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes setzt voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder sich eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (BVerfG, Beschl. v. 29.01.2010 – 1 BvR 374/09, DRsp-Nr. 2010/3999 und Beschl. v. 28.02.2012 – 1 BvR 3116/11, DRsp-Nr. 2012/10833).

Umfang der verfassungsgerichtlichen Überprüfung

Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, unterliegt einer strengen verfassungsgerichtlichen Überprüfung, die sich wegen des besonderen Eingriffsgewichts auch auf einzelne Auslegungsfehler und deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts erstrecken kann (BVerfG, Beschl. v. 24.06.2014 – 1 BvR 2926/13, DRsp-Nr. 2014/12258).

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs

Die angegriffenen Entscheidungen genügen diesen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs nicht. Die Annahme, es bestehe eine die Trennung des Kindes vom Beschwerdeführer legitimierende Kindeswohlgefahr, erweist sich als verfassungsrechtlich nicht haltbar.
Gemessen an der enormen Tragweite der Entscheidung für Kind und Vater – auch im Vergleich zu sonstigen, i.d.R. besonders ausführlichen familiengerichtlichen Entscheidungen zu ähnlichen Sachverhalten – sind die Ausführungen zur Begründung einer Kindeswohlgefährdung durch den Beschwerdeführer sehr knapp gehalten.

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Beweiswürdigung

Beide Gerichte stützen sich maßgeblich auf die Feststellungen im Sachverständigengutachten, dessen Verwertbarkeit hier jedoch erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifeln unterliegt. Das schlägt auf die angegriffenen Entscheidungen durch, weil die von der Gutachterin getroffenen Feststellungen im Wesentlichen übernommen und allenfalls ansatzweise eigenständig tatsächlich eingeordnet und rechtlicher Würdigung unterzogen werden.

Zweifel an der Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens

Beide Entscheidungen stützen die Annahme einer Kindeswohlgefahr maßgeblich auf die schriftlichen und mündlichen Ausführungen der Sachverständigen, an deren Verwertbarkeit jedoch Zweifel bestehen, weil die zugrunde liegenden Fragestellungen die zu ermittelnden Umstände nicht klären können und die Sachverständige dem Beschwerdeführer möglicherweise nicht mit der gebotenen Neutralität begegnet ist.

Keine nachvollziehbaren Ausführungen zur Kindeswohlgefährdung

Die Entscheidungen würden selbst bei völliger Unverwertbarkeit der sachverständigen Begutachtung der verfassungsrechtlichen Kontrolle standhalten, wenn sich das Vorliegen einer die Trennung von Kind und Vater rechtfertigenden Kindeswohlgefährdung aus den Entscheidungsgründen auch ohne Einbeziehung der sachverständigen Aussagen hinreichend nachvollziehbar ergäbe. Auch dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Gefahrenfeststellung

Die angegriffenen Entscheidungen verfehlen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gefahrenfeststellung auch deshalb, weil sie zwar auf mögliche Defizite an der Erziehungsfähigkeit des Beschwerdeführers eingehen, ohne dass sich daraus aber ergibt, welcher Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit die befürchteten Beeinträchtigungen des Kindes sind und weshalb diese Gefahren so gravierend sind, dass sie eine Fremdunterbringung legitimieren.

Sorgfältige Prüfung und Bewertung der Gefahren durch die Fachgerichte geboten

Die Fachgerichte haben die dem Kind drohenden Schäden ihrer Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit nach konkret zu benennen und vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes vor der Trennung des Kindes von seinen Eltern zu bewerten.
Dem werden sie i.d.R. nicht gerecht, wenn sie ihren Blick nur auf die Verhaltensweisen der Eltern lenken, ohne die sich daraus ergebenden schwerwiegenden Konsequenzen für die Kinder darzulegen (BVerfG, Beschl. v. 14.06.2014 – 1 BvR 725/14 und Beschl. v. 22.05.2014 – 1 BvR 3190/13, DRsp-Nr. 2014/15327).
Beide Entscheidungen benennen sehr knapp lediglich angebliche Defizite an der Lebenssituation, dem Verhalten und den Einstellungen des Beschwerdeführers. Nachteilige Auswirkungen auf das Kind werden nicht erläutert.

Annahmen keine tragfähige Grundlage für die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung

Dass eine die Fremdunterbringung verfassungsrechtlich rechtfertigende Gefährdung des Kindeswohls in der Sache vorläge, ist auch nicht indirekt durch die in den Entscheidungen oder dem Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen belegt. Keine der vier den Entscheidungen zugrunde liegenden Annahmen bildet eine tragfähige Grundlage für die Feststellung einer nachhaltigen Kindeswohlgefährdung.

Tatsächliche Verletzung (zumindest) des Elterngrundrechts

Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf den Verstößen gegen das Elterngrundrecht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Fachgerichte bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und ausreichender Ermittlung des Sachverhalts eine Entscheidung zugunsten des Beschwerdeführers getroffen hätten.

Folgerungen aus der Entscheidung

Das BVerfG stellt fest, dass ein Sachverständigengutachten zur Durchleuchtung eines Einzelfalls aus der entsprechenden Gutachtersicht durchaus angebracht ist, weist aber entscheidend auch darauf hin, dass sich die Fachgerichte mit den Inhalten und Schlussfolgerungen eines Gutachtens kritisch auseinandersetzen müssen.
Die Fachgerichte dürfen die Ausführungen nicht allgemein übertragen, sondern müssen sich vielmehr gerade bei einer Entziehung des Sorgerechts und einer Trennung des Kindes von seinen Eltern gewissenhaft mit zahlreichen fallbezogenen Einzelkriterien auseinandersetzen.

Prüfungsmaßstab der Fachgerichte

Gerade bei einem so starken Eingriff in das Elterngrundrecht müssen die Fachgerichte prüfen, ob das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre. Das setzt voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder sich eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.

Beweiswürdigung durch die Fachgerichte

Insbesondere wenn ein Gutachten problematische Punkte aufweist, müssen die Fachgerichte sich gezielt mit diesen auseinandersetzen und die Feststellungen eigenständig auf deren rechtliche Relevanz auswerten. Demnach reicht es nicht aus, lediglich die Defizite der Eltern zu benennen.
Vielmehr muss nachvollziehbar erläutert werden, welcher Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit die befürchteten Beeinträchtigungen des Kindes sind und weshalb diese Gefahren so gravierend sind, dass sie eine Fremdunterbringung legitimieren.
Zudem steigen die Prüfungs- und Darlegungsanforderungen, je weniger deutlich die (mutmaßlichen) Lebens- und Erziehungsbedingungen eines Kindes an die Schwelle heranreichen, von der an der Staat im Rahmen seines Wächteramts zu Korrekturen verpflichtet und berechtigt ist.



Mittwoch, 1. Februar 2017

Schutzschrift - Inobhutnahme

Reicht sofort eine Schutzschrift beim Amtsgericht ein, wenn das Jugendamt euer Kind in Obhut genommen hat. Unterschreibt auf keinen Fall Schriftstücke, die euch von den JugendamtsmitarbeiterIn vorgehalten werden. Auch nicht wenn man auch droht, dass ihr euer Kind sonst nie wieder seht.
Und sofort Klage auf Herausgabe beim Amtsgericht einreichen.
Und sofort einen Umgangsantrag einreichen.
2. Schutzschrift an das zuständige Familiengericht
Ist das Kind oder der Jugendliche bereits in Obhut genommen, muss von Anwaltsseite unverzüglich
gehandelt werden. Hat das Jugendamt seinen notwendigen Antrag noch nicht bei Gericht
eingereicht, wie in den beiden vorgenannten Fällen, empfiehlt sich eine sofortige Schutzschrift an
das Familiengericht, verbunden mit dem Antrag, über einen zu erwartenden Antrag des Jugendamts,
der selbstverständlich im Einzelnen dargestellt werden muss, nicht ohne mündliche Anhörung zu
entscheiden. Auf diese Weise wird dem Familiengericht der Sachverhalt sofort nach der
Inobhutnahme bekannt und das Gericht hat bereits Kenntnis von der Angelegenheit, wenn denn der
Antrag des Jugendamts eingeht. Das Familiengericht wird bei Vorliegen einer Schutzschrift kaum
ohne mündliche Verhandlung entscheiden und schon gar nicht, wie in dem zweiten oben
beschriebenen Fall, ohne jegliche Anhörung der Beteiligten. Sorgfältige Gerichte werden derartige
Schutzschriften, die den Sachverhalt selbstverständlich ausführlich schildern müssen, genau lesen
und wenn nötig, das zuständige Jugendamt sofort um Bericht bitten, spätestens dann, wenn der
Antrag des Jugendamts eingeht.
In der Schutzschrift kann bereits beantragt werden, den zu erwartenden Antrag auf Entzug oder
Teilentzug der elterlichen Sorge oder einen eventuellen Antrag auf Entzug des
Aufenthaltsbestimmungsrechtes zurückzuweisen. Zu diesem Zweck sollten unverzüglich Beweismittel
beigebracht werden, z. B. über das Befinden der Kinder vor der Inobhutnahme, über die Verfassung
der Kinder, deren Wünsche und Notwendigkeiten, deren soziales Umfeld, darüber hinaus sollten
Beweise angeboten werden über die Qualität der Beziehung zwischen dem betroffenen Elternteil und
den Kindern und über das den Eltern vorgeworfene Verhalten und schließlich sollten auch
Ausführungen gemacht werden zu eventuellen milderen Maßnahmen i. S. von § 1666 a BGB, also im
Rahmen der notwendigen Verhältnismäßigkeitsprüfung. So könnten z. B., falls das Gericht es für
notwendig hält, Auflagen angeboten werden i. S. von § 1666 BGB.
3. Umgangsregelung
Auf jeden Fall sollte die anwaltliche Beratung darauf gerichtet sein, die Inobhutnahme der Kinder und
Jugendlichen so rasch wie möglich zu beenden, um insbesondere bei kleinen Kindern die fast
zwangsläufige Entfremdung zwischen Eltern und Kind zu vermeiden. Verhindert das in Obhut
nehmende Jugendamt den Kontakt zwischen Eltern und Kindern, sollte sofort beim zuständigen
Familiengericht ein Umgangsbeschluss beantragt werden mit dem Ziel, einen unbegleiteten und
unbeaufsichtigten Kontakt zwischen Eltern und Kindern unverzüglich herzustellen oder wieder
herzustellen. Bisweilen vertreten die betroffenen Jugendämter die Ansicht, wenn das
Aufenthaltsbestimmungsrecht erst einmal auf einen Pfleger übertragen sei, könne und müsse nur der
über den Umgang bestimmen. Und wenn dieser den Umgang quasi ausschließe, sei das hinzunehmen.

Diese Rechtsansicht ist falsch. Nach dem Entzug bzw. der Beschränkung der elterlichen Sorge
besteht die Pflicht und das Recht der Eltern zum Umgang mit ihrem Kind unverändert fort.
Einschränkung und Entzug des Umgangsrechts bedürfen deshalb einer eigenständigen Entscheidung
des Familiengerichts auf der Grundlage von § 1684 BGB .
Die Autorin ist Senatorin für Justiz a. D. in Hamburg und Berlin, war zuvor Vorsitzende eines
Familiensenats am OLG Hamburg und ist Rechtsanwältin in Berlin.13.12.2016 FPR 2012, 443 - beck-online