Mittwoch, 18. Januar 2017

Umgangspflegschaft

Die Umgangspflegschaft ist eine Form der Ergänzungspflegschaft und seit dem Inkrafttreten des FGG RG am 01.09.2009 hinsichtlich des Umgangs zwischen Eltern und Kind in § 1684 Abs. II BGB spezialgesetzlich geregelt. Aber auch in den Jahren zuvor war die Bestellung bereits möglich und üblich.
Die Bestellung erfolgte nach den allgemeinen Regeln für die Ergänzungspflegschaft (§§ 1626, 1796, 1909 BGB).

Wie für alle Teilbereiche der elterlichen Sorge (Aufenthaltsbestimmung, medizinische Versorgung, Schule/Ausbildung, etc.) eine Pflegschaft bestellt werden kann, nachdem diese den Sorgeberechtigten entzogen wurde, kann auch der Bereich Umsetzung einer Umgangsregelung auf einen Pfleger übertragen werden. Voraussetzung war allerdings nach altem Recht wie bei jedem (Teil-)Entzug der elterlichen Sorge der Nachweis einer Kindeswohlgefährdung im Sinne von §1666 BGB wegen des fehlenden Umgangs mit dem getrennt lebenden Elternteil. In der Praxis wurden allerdings auch Pflegschaften eingerichtet, wenn beide Eltern dies wünschten oder dem zustimmten. Der Wirkungskreis der Umgangspflegschaft umfasst die Förderung des Umgangs zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil/der Bezugsperson bzw. die Umsetzung einer gerichtlichen Umgangsregelung oder einer entsprechenden Vereinbarung der Eltern.

1. Rechtliche Einordnung
1.1 Voraussetzungen der Bestellung
Die Anordnung erfolgt regelmäßig im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens wegen Regelung des Umgangs gem. §1684 bzw. §1685 BGB. Durch das FGG-Reformgesetz (FGG-RG) wurde die Umgangspflegschaft in § 1684 III BGB im Verhältnis Eltern - Kind spezialgesetzlich geregelt: Wird die Pflicht nach Abs. II dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt oder droht eine solche Verletzung, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft).

Der Nachweis einer Gefahr für das Kindeswohl im Sinne des §1666 BGB ist für die Bestellung nicht mehr erforderlich, sofern es um den Umgang des Kindes mit seinen Eltern geht, sehr wohl aber nach wie vor, wenn es um den Umgang mit sonstigen Bezugspersonen i. S. v. § 1685 BGB geht. Hier wird eine Klausel in Abs. III angefügt, welche die Kindeswohlgefährdung für die Bestellung in diesen Fällen voraussetzt. Abgesehen von den materiellen Tatbestandsvoraussetzungen sind die Verfahrensvoraussetzungen zu beachten: Das Gericht hat die Beteiligten zu der geplanten Maßnahme (Umgangspflegschaft) anzuhören gem. §§ 159, 160 FamFG. Es hat ggf. einen Verfahrensbeistand gem. § 158 Abs. 2 Zi. 5 FamFG zu bestellen.

Es hat gem. §1684 Abs. 4 BGB sorgfältig zu prüfen, ob eine Umgangseinschränkung oder ein Ausschluss gem. § 1684 Abs, IV aus Gründen des Kindeswohls geboten ist. Mit der schwierigen Situation wenn das Kind den Umgang ablehnt hat sich unter anderen eine Arbeitsgruppe im Rahmen des 18. Deutschen Familiengerichtstags beschäftigt und hierzu deutliche Empfehlungen ausgesprochen: Wenn das Kind den Umgang verbal ablehnt, ist diese Weigerung zu überprüfen.

Steht fest, dass das Kind erhebliche Gewalt durch den Umgang suchenden Elternteil erlebt hat -> kein Umgang auch nicht begleitet Sofern dies nicht der Fall ist -> Überprüfung, ob der geäußerte Wille psychologisch nachvollziehbar ist.
Wenn der betreuende Elternteil sein Kind gegen den Anderen beeinflusst -> Androhung von Sorgerechtsentzug (Auszug aus den Empfehlungen der AG 12 „Grenzen von Umgangsrecht und Umgangspflicht” im Rahmen des 18. Deutschen Familiengerichtstags 16.-19.9.2009, veröffentlicht auf der Website des DFGT)

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass ein Sorgerechtsentzug nur unter der Voraussetzung der nachgewiesenen Kindeswohlgefährdung in Betracht kommt. Zu der Frage, wann die Weigerung psychologisch nachvollziehbar ist, wird in der Regel die Einholung eines SV-Gutachtens erforderlich sein. Sicher ist hierbei unter anderem an die Fälle zu denken, in welchen ein Umgang suchender Elternteil sich dem Kind gegenüber derart unangemessen verhält, dass die Vermutung einer psychischen Störung bei ihm nahe liegt. Aber auch Situationen, in welchen der Konflikt zwischen den Eltern anlässlich des Umgangs immer wieder aufflammt oder parallel immer weiter eskaliert, können den Umgang für das Kind unzumutbar machen. Das Gericht hat ferner vor der Anordnung einer Umgangspflegschaft eine Umgangsregelung zu treffen, sofern es zu keiner entsprechenden Vereinbarung der Eltern gekommen ist. Wie detailliert diese zu sein hat, ist streitig.
Die obergerichtliche Rechtsprechung fordert eine genaue Festlegung auch der Termine und Modalitäten, da ansonsten richterliche Aufgaben delegiert würden (z.B. OLG München, 26. Senat, Beschl. v. 27.03.07 Az.: 26 UF 819/07).

Eine entgegengesetzte und weite Auffassung ist in der Literatur zu finden. Nach dieser hat der Umgangspfleger das „Umgangsbestimmungsrecht" der Eltern übertragen bekommen und damit die gleiche Gestaltungsfreiheit wie zuvor die Eltern.
(S. Willutzki, „Die Umgangspflegschaft“, ZKJ 7, 2009, 281ff, 282).
Gem. § 1684 Abs. 3 S. 5 BGB ist die Umgangspflegschaft zu befristen.

1.2. Gesetzliche Befugnisse
Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen (§ 1684 Abs. 3 S. 4 BGB).
Das Recht der Eltern ist in soweit gem. §1630 BGB eingeschränkt. Zwangsmittel stehen dem Umgangspfleger jedoch nicht zur Verfügung; Ordnungsmittel oder unmittelbarer Zwang können nur durch das Gericht angeordnet werden (nicht gegen das Kind). Ein gewisser Druck ist nur durch seine Anwesenheit und im Zusammenwirken mit dem Gericht möglich (Berichtspflicht).

2. Aufgabenspektrum
Von den gesetzlichen Befugnissen sind die Aufgaben zu unterscheiden, die dem Umgangspfleger nach den Erfahrungen in der Koordinierungsstelle je nach Einzelfall von den Gerichten übertragen werden.
Anbahnung und Vorbereitung der Termine
Gestaltung der Modalitäten Fortlaufende Koordinierung
Vermittlung zwischen den Eltern Deeskalation des Elternkonflikts
Durchsetzung der getroffenen Umgangsregelung
Coaching (in Grenzen) des umgangsberechtigten Elternteils Begleitung der Übergabe, u. U. einzelner Termine zeitweilig auch „Pufferfunktion” zwischen Eltern, die -zunächst- Abstand benötigen
Ob einzelne Aufgaben, wie die Vermittlung zwischen den Eltern oder Deeskalation des Elternkonflikts, tatsächlich Aufgabe der Umgangspflege sind, wird man sicherlich bezweifeln können. Allerdings hat es der Umgangspfleger nach den hiesigen Erfahrungen sehr häufig mit Eltern zu tun, die sich weigern, Beratung in Anspruch zu nehmen und vor dem Hintergrund der oben genannten Qualifikation der angeschlossenen Umgangspfleger, kann diese „ambulante“ Form der Beratung durchaus erfolgreich sein. Auch das Coaching des Umgang suchenden Elternteils hat zweifellos Grenzen. Solange es sich z. B. um Hinweise auf alters- und entwicklungsangemessene Aktivitäten mit dem Kind an einen Vater handelt, der unsicher ist, weil er sein Kind lange nicht gesehen oder keine Alltagserfahrung mit dem Kind hat, ist das sicherlich durchaus im Rahmen. Wenn es allerdings um das oben genannte wiederholte unangemessene Verhalten des Elternteils geht, ist dieser sicherlich überschritten und eine schnelle Rückmeldung an das Gericht mit dem Ziel einer Überprüfung gem. § 1696 BGB angezeigt.

3. Ziel der Umgangspflegschaft
Ziel jeder Umgangspflegschaft ist es, die beteiligten Erwachsenen (wieder) in die Lage zu versetzen, den Umgang selbständig und zum Wohl des Kindes zu regeln. In vielen Fällen wird echte Einvernehmlichkeit nicht herzustellen sein. Allerdings kann eine Entlastung der Kinder auch möglich sein, wenn es gelingt „friedliche Koexistenz“ der Eltern zu erreichen, d.h. parallele Elternschaft mit einem Mindestmaß an Bindungstoleranz.

Die Umgangspflegschaft hat ferner das Ziel, den Umgang (wieder) als etwas Normales, Selbstverständliches in den Alltag der Beteiligten zu implementieren. Nicht zuletzt sollte die Umgangspflege dazu beitragen, dass der Umgang für die Kinder förderlich ist im Sinne ihrer Entwicklungsbedürfnisse aber auch attraktiv hinsichtlich der gemeinsamen Aktivitäten des Kindes mit dem Umgangsberechtigten. Daneben kann der Umgangspfleger die Kinder ggf. insofern entlasten, als die Kinder sich nicht mehr gegen den betreuenden Elternteil stellen müssen, wenn sie gern Umgang mit dem anderen Elternteil wünschen, der betreuende Elternteil jedoch nicht. Sie können sich dann auf den Umgangspfleger berufen, der ja die Umgangstermine festgesetzt hat und der Auseinandersetzung mit dem betreuenden Elternteil viel eher gewachsen ist, als das Kind. Diese Möglichkeit wird nach Aussage der Umgangspfleger in der Koordinierungsstelle von den Kindern durchaus erkannt und genutzt. Im Übrigen wird Bezug genommen auf die für den begleiteten Umgang definierten Ziele.

4. Standards
4.1. Fachliche und persönliche Qualifikation
Grundsätzlich kommen als Ergänzungspfleger Personen in Betracht, zu der das Kind Bindungen und damit Vertrauen hat, sowie Personen aus dem Beratungs- sowie Jugendamtsbereich (§ 1915 Abs.1 i. V. m. § 1779 Abs. 2 BGB bzw. § 1791b BGB). Hinter dieser Regelung dürften allerdings eher Kostenerwägungen stehen, als die Sorge um die notwendige Qualifizierung, die auch oft in der Abt. Amtsvormundschaften/ Amtspflegschaften nicht verfügbar ist, ganz abgesehen von den zeitlichen Ressourcen, welche diese intensive Arbeit erfordert. Personen aus dem familiären Umfeld dürften meist schon deshalb ungeeignet sein, weil sie bei Konflikten in diese verstrickt sein oder werden können. Allerdings kommen qualifizierte und erfahrene Verfahrenbeistände als Umgangspfleger in Betracht. Sie haben eine juristische, pädagogische oder psychosoziale Ausbildung sowie einschlägige Berufserfahrung. Hinzu kommt eine qualifizierte Weiterbildung zum Verfahrensbeistand, in welcher insbesondere auch Umgangsstreitigkeiten behandelt werden. Neuerdings beinhalten die Weiterbildungen auch das Thema -Umgangspflegschaft-.

4.2 Leistungsspektrum im Rahmen der Koordinierungsstelle
Der Koordinierungsstelle für Verfahrenspflegschaften sind aktuell 120 Verfahrensbeistände angeschlossen. Alle erfüllen die oben genannten Voraussetzungen und sind in Arbeitsgemeinschaften zwecks kollegialer Beratung organisiert. Zeichnen sich Schwierigkeiten in einem Verfahren ab, steht zeitnah Supervision zur Verfügung. Ferner bietet die Koordinierungsstelle fachspezifische praxisbegleitende Fortbildungen an. Etwa die Hälfte der vorgenannten Verfahrensbeistände ist bereit und in der Lage auch Umgangspflegschaften zu übernehmen, wenn auch in unterschiedlichem Umfang, einige schwerpunktmäßig andere nur hin und wieder abhängig vom Einzelfall. Hinsichtlich der persönlichen und fachlichen Qualifikationen ist der Pool ebenso heterogen wie hinsichtlich der Verfahrenspflege. Neben der oben genannten Grundqualifikation sind einige Verfahrensbeistände ausgebildete Familien- oder Kinder- und Jugendtherapeuten, andere verfügen über eine Mediationsausbildung.

Die Tätigkeit als Umgangspfleger ist individuell haftpflicht- und unfallversichert.
Die Arbeitsweise der einzelnen Umgangspfleger unterscheidet sich hinsichtlich der äußeren Gegebenheiten, sodass im Wesentlichen zwei Varianten je nach den Anforderungen des Einzelfalls möglich sind:
a) Der Umgangspfleger verfügt über geeignete Räume (Praxis/Kanzlei) in welchen er die Gespräche führt.
b) Er macht Hausbesuche, was den Kindern den Vorteil der vertrauten Umgebung verschafft, oder trifft die Beteiligten am Ort ihrer Wahl bzw. an einem neutralen Ort.
Die Umgangspflegschaft kann auch die Begleitung des Kindes von einem Elternteil zum anderen bzw. sonstigen Umgangsberechtigten und zurück (Übergabe) beinhalten.
Auch die anfängliche oder sporadische Anwesenheit bei Umgangsterminen zum Zweck der Verhaltensbeobachtung bzw. zur Überprüfung der Umgangsregelung ist bei Bedarf obligatorisch, sollte im Regelfall aber 3 Termine nicht überschreiten. Der Umgangspfleger ist für die Kinder in der Regel jederzeit erreichbar.

4.3 Die Arbeitsweise
Vor Übernahme einer Umgangspflegschaft sollte feststehen, dass hinreichend zeitliche Ressourcen u. U. auch langfristig zur Verfügung stehen, sodass ein Wechsel in der Person des Umgangspflegers im Interesse der Kinder vermieden werden kann. Die der Koordinierungsstelle angeschlossenen Umgangspfleger sind berechtigt und verpflichtet, eine angetragene Pflegschaft abzulehnen, wenn sie diese nach ihrer Einschätzung quantitativ oder qualitativ überfordert. Verfahrenspflegschaft und Umgangspflegschaft in Personalunion sind wegen der Gefahr der Rollenkonfusion zu vermeiden.
Nach Kenntnis der Personen und Umstände sollte sich der Umgangspfleger bei hoch eskalierten Elternkonflikten die nachfolgenden Fragen vorlegen, die hier Bedingung für ein erfolgreiches Arbeiten sind:
a) Habe ich eine Chance, eine Vertrauensbasis zum Kind herzustellen, damit es mit mir zusammen Lösungsvorschläge für eine behutsame Annäherung an den umgangsberechtigten Elternteil erarbeiten kann, ohne seine Beziehung zum anderen Elternteil zu gefährden?
b) Gelingt mir der Aufbau einer Vertrauensbasis zum betreuenden Elternteil, ohne dessen Mitwirkung oder zumindest Duldung keine dauerhafte Lösung erreicht werden kann?
c) Kann ich beim umgangsberechtigten Elternteil Verständnis für die Lage des Kindes wecken und ihn für einen abgestimmten Stufenplan gewinnen? Hinsichtlich der Arbeitsweise ist die Umgangspflegschaft in Abgrenzung zur Begleitung als Umgangsmanagement anzusehen.
In erster Linie beinhaltet erstere Gespräche mit den Eltern, bei welchen meist die Ursachen für die Schwierigkeiten zu suchen sind. Selbstverständlich spricht der Umgangspfleger auch mit dem Kind über seine Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich des Umgangs oder seine Gründe im Fall der Weigerung.

Verweigert das Kind den Umgang ist zu genau zu prüfen:
- ob Ursachen eigene negative Erfahrungen des Kindes mit dem Umgang begehrenden Elternteil sind,
- der betreuende Elternteil bewusst oder unbewusst entsprechend beeinflusst,
- der umgangsberechtigte Elternteil nicht über die erforderlichen sozialen Kompetenzen verfügt,
- oder jahrelange Auseinandersetzungen und fehlgeschlagene Vermittlungsversuche das Kind dermaßen zermürbt haben, dass es in der Umgangsverweigerung den einzigen Ausweg aus dem Dauerstress sieht.

Im ersten Fall käme es auf die Art und Umfang der negativen Erfahrung an. Bei Gewalterfahrung wäre entsprechend der Empfehlungen wohl eher an einen Umgangsausschluss zu denken, um retraumatisierende Erfahrungen auszuschließen. Im Fall weniger schwer wiegender negativer Erfahrungen stellt sich die Frage, ob das Kind bereit und in der Lage ist, dem umgangsberechtigten Elternteil die Chance zu geben, ihm andere Erfahrungen zu vermitteln. Der betreffende Elternteil sollte zugleich in der Lage sein, die Chance zu nutzen.
Zur Beeinflussung durch den betreuenden Elternteil ist viel geschrieben worden unter dem Stichwort „PAS“. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben gezielter Beeinflussung solche durchaus auch unbewusst erfolgt. Kinder übernehmen regelmäßig Haltungen von den Eltern und Eltern beeinflussen Kinder immer im Rahmen von Erziehung. Die negative Haltung des betreuenden Elternteils gegenüber dem anderen nimmt ein Kind auch dann wahr, wenn sie nicht offen geäußert wird. Daher sollte hier in erster Linie im Rahmen einer qualifizierten Beratung am Grundkonflikt der Eltern gearbeitet werden.

Fehlt es am adäquaten Verhalten des umgangsberechtigten Elternteils, weil er den Alltagskontakt zum Kind nicht hat und daher wenig über das Kind weiß, nicht die notwendige Feinfühligkeit aufbringt oder generell im Umgang mit Kindern unerfahren ist, stellt sich die Frage, ob hier bei Bestehen entsprechender Lernfähig- und -willigkeit des betreffenden Elternteils eine qualifizierte Begleitung durch Training/Coaching Besserung bringen kann. Was oben zur Bereitschaft des Kindes, einen erneuten Versuch zu wagen, gesagt wurde, gilt auch hier.
Im letzten Fall dürfte der Umgang für das Kind unzumutbar sein, solange es die Eltern nicht geschafft haben, das Konfliktniveau zu senken. In diesem Fall verbietet sich jeder Druck in Richtung Umgang auf das Kind, welches durch die Umgangsverweigerung versucht, den Konflikten zwischen den Eltern zu entfliehen.

Es kann als erwiesen angesehen werden, dass Kinder, durch den Dauerstress elterlicher Konflikte mehr Schaden nehmen als durch einen Kontaktabbruch. Wohl aber sollte den Eltern dringend zu Beratung und ggf. Therapie geraten werden. Der Umgangspfleger meldet in diesen Fällen an das Gericht zurück, dass die Nachteile des Umgangs für das Kind die Vorteile überwiegen, weshalb vorläufig kein Umgang stattfinden kann und legt die Gründe dar. In allen anderen Fällen, in welchen nur eine Rahmenregelung vorliegt, versucht der Umgangspfleger mit den Eltern im Verhandlungswege einen konkreten Modus zu finden, der vor allem im Interesse des Kindes ist, aber auch den familiären und beruflichen Umständen der Eltern Rechnung trägt. Ist die gerichtliche Regelung oder die Vereinbarung der Eltern hinreichend konkret, wird diese quasi als Arbeitshypothese umgesetzt und zugleich überprüft. Stellt sich heraus, dass zunächst oder generell eine andere Regelung als die getroffene notwendig ist, regt der Umgangspfleger eine Abänderung beim Familiengericht an. Sobald er sich einen entsprechenden Eindruck verschafft hat, gibt er schriftlich Rückmeldung an das Gericht, ob die Umgangspflegschaft in dem betreffenden Fall das richtige Instrument ist bzw. ob nach seiner Einschätzung eine Chance besteht, dass es zu einem regelmäßigen Umgang zum Wohl des Kindes kommen wird.
Zwangsmaßnahmen

Der Umgangspfleger hat zwar das Recht, das Kind vom betreuenden Elternteil heraus zu fordern. Auch übt er während der Umgangszeit das Aufenthaltsbestimmungsrecht aus, Zwangsmittel stehen ihm jedoch nicht zur Verfügung.

Nur das Gericht kann eine Verfügung gem. § 90 FamFG erlassen, mit welcher die Zwangsmittel: Zwangsgeld oder Anwendung unmittelbaren Zwangs (Gewalt), angeordnet werden.
Die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen das Kind ist jedoch ausgeschlossen. Aber auch hinsichtlich des unmittelbaren Zwangs gegen den betreuenden Elternteil stellt sich die Frage, ob hier nicht dasselbe gilt, wie bei miterlebter Gewalt zwischen den Eltern, die mittelbar auch das Kind trifft.
Vor dem Hintergrund, dass das Kind in der Regel den betreuenden Elternteil liebt, gerät es in dieser Situation in einen unlösbaren Konflikt: Nimmt es den Umgang war, leidet der betreuende Elternteil, nimmt es ihn nicht wahr, leidet er auch. Daher kann die Anwendung von Gewalt wohl kaum einen Umgang zum Wohl des Kindes einleiten mit der einzigen seltenen Ausnahme, dass das Kind den Umgang und die Durchsetzung möchte.

5. Organisatorischer Ablauf
5.1 Vermittlung / Bestellung
Die Anordnung einer Umgangspflegschaft sollte möglichst frühzeitig erfolgen, d.h. sobald das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen erkennbar ist, ungeachtet des Umstands, ob die Eltern in einer Therapie oder Beratung sind, ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll oder Hilfen zur Erziehung gewährt werden. Die einzelnen Maßnahmen sind nicht alternativ zu sehen, sondern haben insbesondere in schwierigen hoch eskalierten Fällen nur kumulativ Erfolgschancen. Wird eine Umgangspflegschaft erst nach oder wegen einer gescheiterten Beratung der Eltern angeordnet, hat sie weniger Aussicht auf Erfolg, als wenn mehre professionelle Stellen von verschiedenen Seiten kooperativ in dieselbe Richtung arbeiten. Der Kontakt zu einem geeigneten Umgangspfleger kann direkt oder über die Vermittlung der Koordinierungsstelle erfolgen.
Im Fall, dass Übergaben oder die Begleitung der ersten (drei) Umgänge erwünscht sind, sollte dies in den Bestellungsbeschluss aufgenommen werden zum Zweck der Vermeidung des Vergütungsrisikos für die Umgangspfleger.

5.2 Beendigung der Umgangspflegschaft Die Umgangspflegschaft endet durch Ablauf der gesetzten Frist oder vorzeitig durch Entpflichtung, wenn erkennbar wird, dass diese im jeweiligen Fall keine Erfolgchancen hat.

6. Vergütung
Die Vergütung und der Aufwendungsersatz erfolgt nach den Vorschriften über die Pflegschaft bzw. Vormundschaft § 277 FamFG i.V.m. §§ 1835 Abs.1, 2, 1836 Abs. 1, 3 BGB i.V.m. der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 und 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes, sofern die Pflegschaft berufsmäßig geführt wird. Das trifft auf die der Koordinierungsstelle angeschlossenen Umgangspfleger regelmäßig zu, da eine einschlägige Berufsausbildung und -erfahrung sowie eine spezielle Weiterbildung vorausgesetzt wird. Gem. § 277 Abs. V FamFG sind der Aufwendungsersatz und die Vergütung stets aus der Gerichtskasse zu zahlen. 

7. Umgangspflegschaft in Verbindung mit Umgangsbegleitung
7.1 Voraussetzungen
Auch nach derzeitiger Praxis wird dem Umgangspfleger in Absprache mit diesem bisweilen zusätzlich die Begleitung des Umgangs übertragen. Das scheint in Anlehnung an die oben genannten Fragen, die sich der Umgangspfleger zu Anfang seiner Tätigkeit vorzulegen hat, dann sinnvoll wenn Umgangsbegleitung i.S.v. § 1684 Abs. 4 BGB erforderlich ist der Umgangspfleger das Vertrauen des Kindes hat der Umgangspfleger das Vertrauen beider Eltern hat Kontinuitätsgesichtspunkte dafür sprechen Grundsätzlich spricht für die Umgangsbegleitung durch den Umgangspfleger: dass die Beteiligten insbesondere das Kind nicht mit einer weiteren Person konfrontiert werden dass der Umgangspfleger eine rechtlich stärkere Position hat als eine reine Umgangsbegleitung (das Aufenthaltsbestimmungsrecht während der Umgangszeit) dass der Umgang auch flexibel begleitet werden kann, so dass Unternehmungen möglich sind dass der Umgang in der Muttersprache von Eltern und Kind begleitet werden kann (auch wenn diese nicht Deutsch ist)

7.2 Qualitätsstandards/Leistungsspektrum der Koordinierungsstelle
In der Umgangsbegleitung verpflichten sich die der Koordinierungsstelle angeschlossenen Umgangspfleger zur Einhaltung der Deutschen Standards. Hinsichtlich der Art der Ausübung stehen auch hier die oben genannten Möglichkeiten, auch an Wochenenden, zur Wahl: „stationäre“ Begleitung in der eigenen Praxis in kindgerechten Räumen oder ambulante Begleitung bei Aktivitäten, die sich das Kind wünscht Begleitung im Herrschaftsbereich der umgangsberechtigten Bezugsperson (Hausbesuch) Mischformen sind möglich und an den Bedürfnissen des Kindes orientiert, an dem Ziel, dem Kind ganz normale alterstypische Aktivitäten und Erfahrungen mit der Bezugsperson trotz der Begleitung zu ermöglichen. Wie die Anforderungen im konkreten Fall aussehen, sollte bei der Anfrage in der Koordinierungsstelle mitgeteilt werden. Insbesondere im ersten Fall, der „stationären Begleitung“, muss geklärt werden, ob entsprechende Räume vorhanden sind, über die nicht alle angeschlossenen Umgangspfleger verfügen.

7.3 Kooperationsmöglichkeit
Die Umgangsbegleitung durch den Umgangspfleger spielt sich in einem Bereich zwischen Jugendhilfe und Justiz ab. Während die Bestellung des Ergänzungspflegers in der Zuständigkeit des Familiengerichts liegt, ist die Umgangsbegleitung Aufgabe der Jugendhilfe gem. § 18 SGB VIII. In der tatsächlichen Ausübung, insbesondere aus der Sicht der Kinder, besteht jedoch ein so enger Zusammenhang, dass unter vorgenannten Voraussetzungen die Personalunion von Umgangspflege und Begleitung vorteilhaft sein kann. Hier ist jedoch die enge Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe, Koordinierungsstelle und Gericht erforderlich. Denkbar wäre ein Abstimmungsverfahren in welchem sich die beteiligten Institutionen (und Kostenträger) vor Einrichtung der Umgangspflegschaft über Dauer und Umfang der Leistungen verständigten. Das Gericht müsste somit eine Kostenzusage einholen, bevor dem Umgangspfleger der zusätzliche Auftrag zur Umgangsbegleitung erteilt wird. 

7.4 Vergütung Der Umgangspfleger rechnet die Umgangspflegschaft wie oben dargelegt inkl. der drei Beobachtungen gegenüber der Gerichtskasse ab. Die darüber hinausgehende Umgangsbegleitung in dem im Einzelfall vereinbarten Rahmen sollte von Seiten der Jugendhilfe vergütet werden. Voraussetzung wäre dann allerdings ein entsprechender Antrag der Eltern auf Jugendhilfeleistung gem. §18 Abs. 3 SGB VIII. München, den 23.01.2010


Quelle: Birgit Büchner Ass. jur Dipl. Soz.Päd. Koordinierungsstelle für Verfahrenspflegschaften


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